Kleines ewiges Negombo und die große Fußballwelt

Tja, nun bin ich also doch noch auf der Insel rumgekommen. Nach der Ostküste (A-Bay), dem zentralen Bergland (Kandy) und dem kulturellen Dreieck (Anuradhapura, Polonnaruwa und Sigiriya) bin ich nun im Nordwesten (Negombo) angekommen, und damit in nächster Nähe (6 km) zum Flughafen. Die Busfahrt von A. nach N. heute Vormittag werd ich aber wohl mein Lebtag nicht vergessen. 4 Stunden für eine Strecke von knapp 100 km. Wieder bin ich die einzige Ausländerin, die den Bus benutzt. So sitze ich also eingeklemmt zwischen zwei Herren, von denen der Jüngere schwer davon abzuhalten ist, mich mit Fragen zu bombardieren. Obwohl ich mittlerweile zwei in Silber gefasste Edelsteinchen am Ringfinger trage, kommt sie auch diesmal – die obligatorische Frage, ob ich verliebt/verlobt/verheiratet sei. Mein „Natürlich!“ scheint ihn trotzdem nicht zu scheren, und so setzt er seine anlassigen Anwandlungen fort. Nicht mit mir, denk ich mir, mir geht das nämlich echt auf die Nerven. Glücklicherweise fährt er mit dem Bus weiter nach Colombo. Dementsprechend erleichtert steige ich in Negombo aus und atme mal tief durch!

N’Bo – wie es Shathis abkürzt – und sein Umland ist als Anbaugebiet des „besten Zimts der Welt“ bekannt. So zumindest heißt es in einer Chronik aus dem 18. Jahrhundert. Was Negombo so gänzlich von anderen Orten, Städten und Provinzen in Sri Lanka unterscheidet, sind die zahlreichen katholischen Kirchen. (Stichwort: Missionierung durch die zimt-interessierten Portugiesen). An jeder Weggabelung steht ein Marterl,  auf den ortsansässigen Tuk Tuks ist immer wieder „Jesus is the Lord“ zu lesen und die Gotteshäuser sind richtig imposant – und sehr europäisch. Zumindest von außen. Das fällt mir schon vom Bus aus auf, plötzlich keine Tempel mehr. Und tatsächlich, der Reiseführer bestätigt, was ich mir denke: „Über die Hälfte der Einwohner von Negombo bekennt sich zum Christentum. […] Die vielen Gotteshäuser trugen der Stadt zeitweilig die scherzhafte Bezeichnung ‚Klein-Rom‘ ein.“ Ich wandle an einer Kirche vorbei, in der gerade eine Hochzeitsmesse stattgefunden hat. Viele Schaulustige rundum, die das Brautpaar und dessen Gäste in ihren feinen Saris und Anzügen bestaunen. Ich staune mit.

Absolutes Highlight aber stellt der Fischmarkt für mich dar. Ich schlendere fast den ganzen Nachmittag dort durch die aufgebreiteten Fänge, schaue den Fischern beim Flicken ihrer Netze zu und schmunzle über die Fischerfrauen, die die Ware lauthals anbieten.

Ein bissl im Wiglwogl bin ich allerdings. Soll ich noch in N’Bo bleiben, oder doch noch einen gschwinden Hupfer nach Colombo machen? Es gäbe für 140 Rupees ein Zugticket in der 1. Klasse. Mein Flug geht übermorgen zeitig in der Früh. Als ich mich an der Rezeption der „Beach Villa“, wo ich wieder in die Backpackerszene eintauche, nach Details erkundige, treffe ich auf einen Brasilianer, der von hier aus in die Arugam Bay zum Surfen will. Er wirkt ziemlich angepisst und lässt alle Umstehenden wissen, was genau ihn so am Boden zerstört. Die katastrophale 7:1-Niederlage seines Landes gegen die Deutschen bei der Fußball-WM. Ein Holländer versucht mit „It’s just a game“ einzulenken, erntet dafür aber einen strafenden Blick. Sich davon zu erholen – er selbst beschreibt diese haushohe Demütigung als „nationale Herzattacke“ -, wird noch lange dauern, hab ich den Eindruck.

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