The final curtain

Samstagmittag in Kanjirappally. Ich sitze an der Hauptstraße, vor dem Laden des Schneiders, bei dem ich ursprünglich neue Vorhänge in Auftrag geben wollte, mich aber aufgrund der schier unendlichen Stoffauswahl nicht entscheiden konnte. Von hier aus lässt sich gut beobachten. Ich beobachte die vielen Menschen, die mir zulächeln und -winken, als wären wir alte Bekannte. Kerala, ich werde dich vermissen! Bevor es morgen Abend wieder ab in die Heimat geht, werden wir drei Damen noch einen Sprung auf eine hinduistische Hochzeit schauen, zu der wir heute unerwarter- und unbekannterweise von einem jungen Ehepaar eingeladen worden sind.

Aber halt, derzeit sitze ich ja noch vor der Auslage des Tailors und beobachte. Eigentlich warte ich nur auf Elisabeth und Caroline, die ihre Auftragswerke bei besagtem Schneider gerade unter die Lupe nehmen. Ich genieße es vor dem Geschäft auf den Stufen zu sitzen und mich von dem geschäftigen Treiben berauschen zu lassen. Wie kann man dieses Land nicht lieben? Ein Land, in dem auf jedem Bus, jedem Tuk Tuk und jedem Laster ein Name, ein Landstrich oder eine Botschaft geschrieben steht. An mir vorbei fahren „Angel“, „Blessing“, „Welcome“, Lovebirds“, „Loving you“, „Super Sonic“, „Kerala“, „Emmanuel“, „Grace“, „Praise the Lord“, „Jesus“, „Shiva“ und „Krishna“. Alle sind sie unendlich bunt; ich entscheide mich heute aber ganz bewusst für b/w-Bilder.

Vis a vis des Busbahnhofs, von und zu dem all diese bunten Gefährte ab- und zufahren, befindet sich meine geliebte Sachus-Bakery. Die beiden Ladys und ich vereinbaren, dass wir uns dort wieder treffen. Nachdem ich alle To-Do’s (u.a. Postkarten aufgeben) erledigt habe, entschließe ich mich daher, meinen Beobachtungsposten dorthin zu verlegen. Kurz darauf nehme ich davor Platz und schlürfe in gewohnter Weise meinen Chai. Einen letzten Besuch statte ich dem Fischverkäufer, dem Gemüsehändler und dem Schuhputzer ab. Für die Kinder in unserem Dorf kaufe ich noch ein paar Stifte und Blöcke. Gerade als auch die beiden Französinnen um die Ecke biegen, werden wir von den jungen indischen Eheleuten Vani und Shibu angesprochen. „Was macht ihr morgen?“, fragen sie uns. „Hm, abfliegen – leider.“ „Und wann? Weil meine Schwester heiratet, und es würde uns sehr freuen, wenn ihr dabei seid!“, erklärt Vani, die junge Mutter, die gerade den Jüngsten am Arm hat. „Es kommen über 500 Menschen und 1 Elefant!“ Was? Wow! Auf eine indische Hochzeit wollte ich immer schon nal eingeladen werden, aber dass das so simpel funktioniert, wundert mich. Unglaublich irgendwie.

Dieses Incredible India, wie es auch bezeichnet wird, fasziniert mich jeden Tag aufs Neue. Zwar kenne ich mit Kerala nur einen Bruchteil der kompletten Halbinsel, aber der Süden dieses Landes hat mich in seinen Bann gezogen. Klar, mein Fokus bei dieser Reise lag zwar eindeutig auf den ayurvedischen Treatments, aber auch alle die Erfahrungen abseits des Resorts will ich nicht missen (siehe Hochzeitseinladung etc.).

Nach inzwischen 3 Cleaning-Days, 55 unterschiedlichen Massage-Behandlungen und ebenso vielen Yoga-Klassen (von denen ich zugegeben ein paar geschwänzt hab) fühle ich mich außen ab- und innen durchgekärchert – genau wie ich es mir gewünscht habe. Neben ein paar Kilos lasse ich auch den Ärger über miese Erfahrungen in der Vergangenheit und meine Angst vor der Zukunft hier zurück. Kurz: mein Ziel, durch Entgiftung und Entschlackung das Gleichgewicht zwischen Körper, Geist und Seele wiederzuerlangen, ist erreicht! Kerala, ich komme ganz sicher wieder! Der Vorhang ist noch nicht gefallen, denn inzwischen weiß und fühle ich: Einmal Kerala, immer Kerala!

 

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